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2009 - 2008

2009
Zeichen und Spuren

Künstlerklausur Stift Rein 2009

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Mit unverhohlener Ironie entwirft Jani W. Schwob (s)eine eigene erfundene Wirklichkeit, in die er das Thema Spuren und Zeichen im wahrsten Sinne des Wortes eingräbt. In „El Secreto de los Escarabajos“ („Das Geheimnis der Käfer“) wird die mit Lehmerde beschichtete und an vier Eckpfeilern abgehängte Holzfaserplatte zur geheimnisvollen Welt von 4vier Käfern, die mit Wasser, das sie in die ausgehöhlte Mitte weiterleiten, dieses Universum beträufeln. Während sich das Wasser seinen Weg entlang der Verzweigungen wasserlöslicher und wasserunlöslicher Beschichtungen sucht, werden gleichsam verborgene Spuren der Skarabäen-Population sichtbar.

Die Oberfläche der Skarabäenwelt entwickelt durch die dunkle Färbung der benässten Lehmerde ein ornamental verästeltes Muster – gleichzeitig ist damit der Prozess der Veränderung und letztendlich der Auflösung der Plattenarchitektur initiiert – auch in erfundenen Wirklichkeiten gestalten Erosionsprozesse immer neue Weltformen, ziehen neue Spuren, löschen und überschreiben die Archive des Vergangenen, immer wieder schreibt sich die Geschichte neu in die Oberflächenstruktur ein. Spielerisch ist hier das immerwährende Vergehen inszeniert, denn auch die Lebensspuren verändern sich bis zu ihrem stillen oder lauten Verlöschen.

Auch in jener Werkserie, die sich an der Thematisierung der vier Elemente orientiert und von der hier die Arbeit „Erde:Feuer“ abgebildet ist, zeigt sich die scheinbare Harmonie der Lebensgesetze. Sollte sich die Menschheit möglicherweise selbst auslöschen und werden schließlich keinerlei Spuren und Zeichen von ihrer „Augenblicks-Existenz“ im Universum zeugen, werden unter Umständen Insektenpopulationen die Erde als Überlebende bevölkern und ihre Spuren in Erde, Wasser, Luft und Feuer hinterlassen?

In diesem Sinne lässt Jani W. Schwob die wahren Überlebenskünstler unseres Planeten, die Insekten, die vier Elemente, das Leben und den Tod gestalten. So bilden sich in „Erde:Feuer“ die fließenden, biomorphen Strukturen der Oberfläche einer Insektenwelt als Zeichen einer Welt ohne Menschen ab. Eine durchaus pittoreske Konsequenz des derzeitigen Zustands der Entwicklungsgeschichte der Gattung Mensch scheint in der „Insektologen-Klausur“ veranschaulicht. Während Entomologen über Insekten debattieren und kommunizieren, mutieren sie selbst zu comicartig überzeichneten, insektoiden Wesen – Kommunikation über Insekten wird unversehens zur Kommunikation zwischen Insekten. Schlussendlich werden (uns) also doch Insekten überleben …


2008
Correlaciones

ESC/Labor, Graz, Multimediale Ausstellung
Text: Sandra Abrams, Jani W. Schwob

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{vamos!gemma} entwickelt ein audiovisuelles Stimmungsbild auf der Basis eines mittelamerikanischen Marktplatzes. Videoclips und Soundscapes werden in der ESC/Graz über eine Monitormauer verbunden. Die Verdichtung aus Marktszenen in Leon/Nicaragua wechselt mit einer erzählerischen Abfolge. Aus dem Raunen und der spielerischen Interpretation des Marktgeschehens von Leon wächst eine Geschichte, die aus der Realität Nicaraguas in die Fiktion einer mutierten lateinamerikanischen Telenovela gerät. Verstärkt wird diese multimediale Installation durch den Reggaeton-Bonbonsong.

Bestandteile dieser Installation sind: die Ergebnisse von interaktiven Workshops mit dem bilingualen Gymnasium GIBS, {vamos!gamma}-Dreharbeiten in Nicaragua sowie Chats zwischen Leon und Graz. Wichtig war und ist {vamos!gemma}, nicht die Künstlichkeit (im speziellen“ Leon/Nicaragua-Heute) zu transportieren und kulturelle Plagiate einer mittelamerikanischen Gesellschaft zu vermitteln, sondern die Kultur des Überlebens als Kunstform sichtbar zu machen. Für das emotionale, geistige und physische „Sobrevivir“ sind Reggaeton und Telenovela wesentliche Bestandteile in Mittelamerika, um das Leben ohne Aussichten zu kompensieren.

In der Ausstellung correlaciones begleitet {vamos!gemma} den Besucher, die Besucherin inhaltlich auf den Maktplatz „nicaraguanischer Wahrnehmungswelten“. Die Materialien Karton und Plastik sind Träger von Informationen oder Bauteile von Rauminstallationen in der ESC/Graz. Der Mercado Terminal Leon wird virtuell simuliert, der Sound des Marktgeschehens wird in Soundscapeschachteln vepackt, die Videoclips arrangieren sich zum hie wie dort geordneten Chaos, und wenn man den Beat dann auffängt und der Rhythmus die Zeitlupe verwirklicht, fängt das Auge eine Geschichte auf, eine Telenovela. In diesem Augenblick verschwimmen Fiktion ( Augenblicke sind in Nicaragua länger) und Wirklichkeiten (bienvenidos transitivos). Die audiovisuelle Installation „correlaciones“ beginnt: Reggaeton und Telenovela klingt nach schlechter Musik und miesem Fernsehschrott: das was wahr ist. Aber das, was wahr ist, ist die intensive Wirkung dieser Medien auf das Leben der Menschen in den Armenvierteln Nicaraguas. Diesen zwei Genres auf den Zahn und seine Wurzel zu fühlen ist Intension bei der Projektierung der Ausstellung, der Durchführung der Workshops und Einbettung in das Gesamtbild. 

{vamos!gemma} versteht sich als interkulturelle Kommunikationsplattform, zum Austausch kreativer Ideen und zur Durchführung von Kunstaktionen, mit dem Ziel, Kindern in Nicaragua eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Das von Maria Mercedes Ortiz, Karin M. Sajer und Jani W. Schwob ins Leben gerufene Projekt, zur Förderung der Kinder von {vamos!gemma} in Leon, finanziert seit Sommer 2004 ihren Schulbesuch und unterstützt deren Familien.

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